Neue Arbeitswelten in Hochfranken

Neue Arbeitswelten in Hochfranken

(Veröffentlicht auf das Magazin Karriereziel, Autorin: Vera Dorschner)

„SCRUM gebacken bekommen“: So wirbt seit Juni 2021 ein weiteres Start-up aus Hochfranken, die Agile Bakery, nach nur einem guten halben Jahr der Gründungsphase.

Zwei Fachleute aus komplett unterschiedlichen beruflichen Welten haben sich hier zusammengefunden: Yiheng „Sam“ Cen, aus China stammender freiberuflicher Innovationsberater und Scrum Master, und Andreas Fickenscher, leidenschaftlicher Bäckermeister aus Münchberg und „Handwerker mit agilem Mindset“.

Gemeinsam haben beide die Auffassung, dass agile Methoden nicht nur im Prozessmanagement, sondern auch im Hinblick auf Zielgruppen- und Produktentwicklung sehr hilfreich sind. Kennengelernt haben sie sich während eines von Cen geleiteten Design-Thinking-Workshops zum Thema “Ernährung der Zukunft”.

Andreas Fickenscher hatte sich bereits seit 2016 ausgiebig damit beschäftigt, wie er „durch Digitalisierung zum traditionellen Genusshandwerk zurückfinden“ kann. Damals begann er, alle Prozesse im Unternehmen auf ihre Zeitgemäßheit zu überprüfen und unter dem Motto „Gutes bewahren – Neues entdecken” neu zu bewerten. Daraus ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Digitalisierung sowohl der Arbeits- als auch der Kommunikationsprozesse entstanden. Bereits vorher, aber insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie, hat sich dieser Invest bezahlt gemacht, da Fickenschers Backhaus kurzfristig auf eine funktionierende Infrastruktur zurückgreifen konnte.

Aber nicht nur das: „Spätestens Corona hat uns alle gelehrt, dass wir uns schneller an Veränderungen anpassen müssen“. Durch agiles Arbeiten kann Andreas Fickenscher mit der 400-jährigen Geschichte des Familienunternehmens kombinieren, den geänderten Ernährungsgewohnheiten und -ansprüchen Rechnung zollen und gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegenwirken. „Je natürlicher und ursprünglicher man backen möchte, umso besser muss man seine Prozesse im Griff haben.“

Die Erwartungshaltung des Teams, aber auch von Bewerberinnen und Bewerbern habe sich grundlegend geändert. Vor allem wegen der ständigen Nachtarbeit ließen sich nur wenige noch für das Bäckerhandwerk begeistern, so Fickenscher. Dennoch gelingt es dem Backhaus, alle Ausbildungsplätze zu besetzen und die 37,5-Stunden-Woche einzuführen. Durch die Digitalisierung der Prozesse konnte die Nachtarbeit deutlich reduziert und eine Ausbildungsquote von 15 Prozent erreicht werden.

Die Prinzipien und grundlegenden Methoden des agilen Arbeitens will die Agile Bakery für interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer erlebbar machen: als „Workshop für Team-, Hand- und Kopfarbeit“. Erst kürzlich als Start-up aus der Taufe gehoben, wird das Konzept mit jedem durchgeführten Workshop weiterentwickelt, ganz agil eben. War sie am Anfang vielleicht noch kreative Spielerei, so betreiben Cen und Fickenscher die Agile Bakery mittlerweile durchaus als ernsthaftes Geschäftsmodell mit visionärer Zukunftsvorstellung.

„Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dürfen sich auf Teambuilding und Edutainment freuen“, so Sam Cen. Innerhalb eines Tages werden alle Produktentstehungs- und Produktionsprozesse des Backens abgedeckt, die agile Methodik wie nebenbei vermittelt. Bereits Scrum-Erfahrene können ihre Kenntnisse in einer komplett neuen Branche ausprobieren, Neulinge lernen kundenorientiertes Denken und Entwickeln. Leckeres Brot wird dabei natürlich auch gebacken.

Die Agile Bakery – eine Bereicherung der hochfränkischen Wirtschaft mit Zukunft.

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